Sie sind kleiner, flexibler, mobiler, günstiger, oft ökologischer: Minihäuser, häufig auf einen PKW-Anhänger gebaut, liegen im Trend. Die Tiny-House-Bewegung kommt aus den USA, findet aber auch in Deutschland immer mehr Begeisterte. Wir haben mit einer Tiny-House-Bewohnerin gesprochen, um mehr über das Thema zu erfahren.
Michelle Bucher hat gemeinsam mit ihrem Mann Felix ein Tiny House am Bodensee gebaut. Auf ihrem Blog kuntergrün teilen sie ihre Erfahrungen rund um nachhaltiges Leben und Bauen. Zudem hat sie das Projekt „Tiny House Gemeinschaft“ mitinitiiert, bei dem ein kleines Dorf mit Tiny Houses ins Leben gerufen werden soll.
Die Tiny-House-Bewegung ist eine Lösung auf das Problem Wohnungsknappheit und Überschuldung für das halbe Leben. Sie zeigt auf, dass es mit weniger definitiv auch wunderbar geht. Für mich persönlich war es vor allem der ökologische Aspekt (weniger Fläche, weniger Material, weniger heizen, ...), die finanzielle Unabhängigkeit (ich möchte mich nicht bis zur Pension verschulden), die Nähe zur Natur und der Minimalismusaspekt (viele Dinge sind für mich eher belastend als bereichernd), warum ich beschlossen habe, ein Tiny House zu bauen.
Wir wollten unsere Villa Kuntergrün möglichst ökologisch bauen. Gar nicht so einfach, wenn man nur 3,5 Tonnen Maximalgewicht haben darf, weil wir auf einem PKW-Trailer gebaut haben. Wir haben versucht, möglichst wenig verleimtes Holz zu nehmen, haben Holz- anstatt Alu- oder Plastikfenster, eine unlasierte Holzfassade, sehr wenig Plastik und mit Jutedämmung gebaut. Zudem war uns ein gutes Raumklima und ein schönes Design sehr wichtig. Ökologische und baubiologisch sinnvolle Farben, viel Holz, eine Wärmetauschlüftung und viele Fenster sind zum Einsatz gekommen.
Wir haben unser Häuschen genau nach unseren Bedürfnissen gebaut: große Küche, Klavier, Schlafloft und sogar eine Couch, die zum Gästebett umgebaut werden kann. Gerade wenn man nur 17 Quadratmeter Grundfläche hat, ist es wichtig, genau den Dingen Raum zu geben, die man viel nutzt.
Prinzipiell ist es wunderbar, man muss sich nicht durchs halbe Haus zuschreien oder überall suchen gehen, und man kann nicht mit Türen knallen. Letzteres hat den Vorteil, dass Probleme sehr schnell angesprochen und geklärt werden. Doch gibt es auch keinen Rückzugsraum. Den haben wir im ersten Winter vermisst. Unterdessen haben wir ein Zimmer, was wir mitbenutzen können, wo auch ein Bürotisch steht.
Das wäre auch der Tipp, den ich geben kann: Zu zweit braucht es einfach noch einen Rückzugsort. Der kann auch in der Gemeinschaft sein, aber auf Dauer ist das für uns wichtig. Ansonsten einfach lernen, ehrlich die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu kommunizieren, das hilft nicht nur im Tiny House.
Wir haben beispielsweise keinen Backofen und durften bei unserer Hofgemeinschaft mitbacken, konnten die Werkstatt mitbenutzen und auch den Pool. Da der Platz im Haus begrenzt ist, finde ich es das einzig sinnvolle, sich weiteren Menschen anzuschließen und gemeinsam Dinge zu teilen. Das verbindet, bereichert und ist ökologisch sinnvoll.
Ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, die eigenen Träume zu leben. Es gibt viele Hürden und Schwierigkeiten beim Bau oder Kauf eines Tiny Houses, gerade der Stellplatz ist in den meisten Fällen keine einfache Sache, aber es gibt immer eine Lösung! Deswegen rate ich allen: gut informieren und dann loslegen. Die Menschen, die einem was ausreden wollen, gibt es immer, aber es gibt auch viele in der Tiny-House-Bewegung, die einem Mut machen, ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen und aufzeigen, dass es definitiv möglich ist. Wir gehören auch dazu, viele Infos zu unserem Tiny House findet man auf www.kuntergruen.com .
Tipp: Sie interessieren sich für die Wohntrends der Zukunft? In unserem Beitrag Wie werden wir in Zukunft wohnen? stellen wir Ihnen fünf davon vor. Zusammenfassend: Es wird mobil, effizient, klein, smart und nachhaltig.
In Deutschland gibt es keine offizielle Definition der Grundfläche – hier hat sich meistens eine Obergrenze von etwa 50 Quadratmetern etabliert. In der Regel ist diese beim Bau auf Rädern aber kleiner als in den USA, weil die deutsche Verkehrsordnung Anhänger nur mit bis zu 4 Metern Höhe, 2,55 Metern Breite und nicht wesentlich mehr als 7 Metern Länge ohne Sonderzulassung gestattet. Das sind also etwa 15–18 Quadratmeter Grundfläche. Das Gewicht darf dann 3,5 Tonnen nicht überschreiten.
Viele der Bewohner und Bewohnerinnen bauen ihre Tiny Houses selbst. Die Preise für fertige Minihäuser vom professionellen Anbieter liegen je nach individuellen Wünschen zwischen etwa 30.000 und 80.000 Euro, luxuriösere Modelle können bis zu 150.000 Euro oder mehr kosten. Es gibt auch Anbieter mit günstigeren Fertigbausätzen. Sparen können die Eigentümer und Eigentümerinnen außerdem, wenn sie zum Beispiel den Innenausbau selbst übernehmen. Teure Modelle beinhalten insbesondere ökologische Materialien und haben eine hohe Energieeffizienz. Dabei darf das Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen nicht überschritten werden, wenn das Tiny House auf einem PKW-Anhänger steht und für die Straße tauglich sein soll.
Vor dem Kauf sind zusätzlich Grundstückskosten (Kauf oder Pacht), Erschließungskosten und Genehmigungen und rechtliche Aspekte zu berücksichtigen.
Sie können ein Tiny House entweder mit einer klassischen Baufinanzierung oder mit einem Privatkredit finanzieren. Weil auf das Tiny House keine Grundschuld eingetragen werden kann, brauchen Sie allerdings für Ersteres eine weitere Immobilie oder ein Grundstück als Sicherheit. Dort wird die Grundschuld dann eingetragen.
Für einen Privatkredit etwa brauchen Sie keinen Grundschuldeintrag. Der Kredit darf dann in der Regel maximal 50.000 bis 80.000 Euro betragen.
Ist das Tiny House der einzige Wohnsitz, gelten in Deutschland noch recht strenge Beschränkungen des Baurechts. Denn jedes Wohnhaus braucht hierzulande eine Baugenehmigung, auch wenn es auf Rädern steht. Sie dürfen es also nicht einfach irgendwo parken, sondern brauchen ein Grundstück, das dauerhaft bewohnt werden darf. Um das Tiny House dort abzustellen, brauchen Sie eine Baugenehmigung. Wer kein eigenes Grundstück hat, kann einen Stellplatz pachten, muss aber auch dann einen Bauantrag stellen. Zu beachten ist, dass es in Deutschland verschiedene lokale Vorschriften gibt.
Alternativ sind derzeit mehrere Tiny-House-Dörfer in der Entstehung, unter anderem bei München, Hamburg, Münster, in Bremen und Braunfels. Diese verpachten ebenfalls Stellplätze, für die Sie selbst keine Baugenehmigung mehr stellen müssen. Auch ein Campingplatz ist eine Möglichkeit, wenn dort eine dauerhafte Wohnnutzung genehmigt ist. Grundsätzlich ist es in Deutschland nicht erlaubt, ein Tiny House dauerhaft zum Beispiel in einem Schrebergarten aufzustellen.
Für mobile Tiny Houses gelten oft andere Regeln als für fest installierte: Wer das Tiny House nicht dauerhaft bewohnt, sondern nur als Wohnwagen für den Urlaub nutzt, darf es auf jedem zulässigen Stellplatz abstellen, zum Beispiel auf dem Privatgrundstück. Wird es nicht bewohnt, gilt es nicht als Wohngebäude. Man braucht dann also keine Baugenehmigung, um es abzustellen. Kurzfristig kann ein Tiny House außerdem zum Beispiel auf einem Campingplatz abgestellt werden. Oft darf es dann aber nur maximal 3,5 Meter hoch sein. Soll es langfristig auf dem Campingplatz bleiben und bewohnt werden, muss dort die Wohnnutzung im Bebauungsplan eingetragen sein.