
Grundstück und Wegerecht: Von Duldung bis Haftung
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Ein Wegerecht sorgt dafür, dass ein Grundstück zugänglich ist – sei es für den täglichen Bedarf oder ein Bauprojekt. Doch gerade in dicht besiedelten Gebieten oder bei gewerblich genutzten Grundstücken können Konflikte entstehen. Was bedeutet das Recht und wie wird es geregelt? Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, worauf es ankommt.
Ein Wegerecht erlaubt es, ein fremdes Grundstück zum Durchgang zu nutzen, zum Beispiel wenn das eigene Grundstück keinen direkten Zugang zu einer öffentlichen Straße hat.
Es wird oft als Grunddienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen und bleibt dann auch bei einem Verkauf bestehen.
Berechtigte dürfen den definierten Weg nutzen, müssen jedoch Rücksicht auf den Eigentümer oder die Eigentümerin des dienenden Grundstücks nehmen und den Weg instandhalten, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
Wegerecht: Hinterliegende Grundstücke nutzen
Ein Wegerecht gibt einer Person das Recht, fremden Grund und Boden zu überqueren, um Zugang zu einem anderen Grundstück beziehungsweise einer dort stehenden Immobilie zu erhalten. In der Praxis profitieren von dieser Durchgangserlaubnis vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer sogenannter „hinterliegender” Grundstücke. So werden Grundstücksflächen bezeichnet, die keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße haben.
Wegerechte sind für die Nutzung bestimmter Flächen unerlässlich. Denn ohne Zugangsmöglichkeit kann ein Grundstück weder bewirtschaftet noch bebaut werden. Das Recht kann verschiedene Ausprägungen haben, die jeweils genau regeln, wie ein Grundstück genutzt werden darf. Die häufigsten Formen sind das Gehrecht und das Fahrrecht.
Herrschendes Grundstück
Das herrschende Grundstück ist das Grundstück, das vom Wegerecht profitiert. Es erhält Zugang über das dienende Grundstück und wird dadurch besser nutzbar.
Dienendes Grundstück
Das dienende Grundstück (auch belastetes Grundstück genannt) ist das Grundstück, das das Wegerecht dulden muss. Es wird durch das Recht belastet, da die Eigentümer und Eigentümerinnen zulassen müssen, dass es genutzt oder überquert werden darf. Dies kann sich wertmindernd auswirken.
Gehrecht
Das Gehrecht erlaubt es, ein fremdes Grundstück zu Fuß zu überqueren – beispielsweise ein Gehweg über ein Privatgrundstück, der ein Haus mit der Hauptstraße verbindet. Berechtigte sind dabei verpflichtet, Rücksicht auf die Eigentümerinnen oder Eigentümer des Privatgrundstücks zu nehmen.
Fahrrecht
Das Fahrrecht geht über das Gehrecht hinaus und wird benötigt, wenn ein Grundstück mit dem Auto erreichbar sein soll, etwa für Lieferdienste, Bau- und Rettungsfahrzeuge oder für Bewohnerinnen und Bewohner, die zur eigenen Garage fahren möchten. Das Recht auf Parken auf dem Weg beinhaltet ein Fahrrecht nicht. Berechtigte haften zudem für Schäden, die durch übermäßige Nutzung entstehen.
Rechtsgrundlage und offizielle Regelungen
- Vertragliche Vereinbarung, Grunddienstbarkeit und Wegerecht bei Eigentümerwechsel
Festgelegt wird ein Wegerecht üblicherweise durch eine (häufig notariell beglaubigte) Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien. Die rechtliche Grundlage findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Besonders § 1018 BGB beschreibt die sogenannte Grunddienstbarkeit, die ein Wegerecht regeln kann. Im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragen, bindet diese Dienstbarkeit auch zukünftige Eigentümerinnen und Eigentümer. Das herrschende und das dienende Grundstück bleiben so rechtlich miteinander verbunden, auch bei einem Grundstücksverkauf. Wenn das Wegerecht ohne Grundbucheintrag vereinbart wurde, wird es bei einem Grundstücksverkauf nicht automatisch übertragen.
Tipp: Informieren Sie sich als potenzielle Käuferin oder Käufer eines Grundstücks oder einer Immobilie vorab, ob ein eingetragenes Wegerecht besteht, da dies Einfluss auf den Kaufpreis und die Nutzung haben kann.
- Gesetzliches Notwegerecht
Besteht kein Zugang zu einer öffentlichen Straße, regelt § 917 BGB , dass Grundstückseigentümer und Grundstückseigentümerinnen Anspruch auf eine Wegerechtsvereinbarung haben. Die Eigentümerinnen und Eigentümer des dienenden Grundstücks erhalten dafür eine Entschädigung.
Die Entschädigung muss die Partei zahlen, die das Notwegerecht beantragt und nutzt, also der Eigentümer oder die Eigentümerin des Grundstücks, das auf den Notweg angewiesen ist. Die genaue Höhe ist im Gesetz nicht festgelegt. Stattdessen wird sie im Einzelfall durch Sachverständige ermittelt und orientiert sich an der Wertminderung des belasteten Grundstücks, dem Bodenwert und der Nutzung des Wegs.
- Unterschied zum Gewohnheitsrecht
Manchmal wird ein Weg über Jahre hinweg genutzt, ohne dass es eine schriftliche Vereinbarung gibt. Dies wird als Gewohnheitsrecht bezeichnet. Allerdings genießt das Gewohnheitsrecht keinen rechtlichen Schutz wie eine Grunddienstbarkeit. Ohne Eintrag im Grundbuch besteht das Risiko, dass der Eigentümer oder die Eigentümerin des dienenden Grundstücks die weitere Nutzung verweigert. Das Wegerecht ist also eine wichtige Regelung, um Konflikte zu vermeiden und Grundstücke dauerhaft nutzbar zu machen.
Wegerecht ins Grundbuch eintragen lassen
Der Eintrag eines Wegerechts ins Grundbuch schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Dafür sind folgende Schritte nötig:
- Die Parteien einigen sich
Der erste Schritt ist eine schriftliche Einigung zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern des herrschenden und des dienenden Grundstücks. In dieser Vereinbarung wird festgelegt:
- Art des Wegerechts – Gehrecht oder Fahrrecht?
- Pflichten – Wer ist für die Instandhaltung und Pflege des Weges zuständig?
- Grenzen – Welche Bereiche des dienenden Grundstücks dürfen genutzt werden?
- Ein Notariat beglaubigt die Vereinbarung
Eine Notarin oder ein Notar prüft, ob die Vereinbarung rechtlich einwandfrei ist, und bereitet die Unterlagen vor. Notwendige Dokumente umfassen:
- Bewilligungserklärung der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer
- Genaue Beschreibung oder Skizze des betroffenen Bereichs
- Lageplan, wenn der Verlauf des Wegerechts detailliert dokumentiert werden soll
- Das Grundbuchamt bearbeitet den Antrag
Nach der notariellen Beurkundung wird der Eintragungsantrag beim zuständigen Grundbuchamt gestellt. Das Notariat übermittelt die Unterlagen in der Regel direkt. Das Amt prüft den Antrag auf Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit. Wenn alle Unterlagen korrekt sind, erfolgt die Eintragung.
- Der Eintrag in Abteilung II des Grundbuchs erfolgt
Das Wegerecht wird in Abteilung II des Grundbuchs des dienenden Grundstücks eingetragen. Hierbei handelt es sich um die Abteilung, in der sogenannte Belastungen und Beschränkungen vermerkt werden. Der Eintrag enthält:
- den genauen Inhalt und Umfang des Wegerechts,
- die Grundstücke, die betroffen sind (dienendes und herrschendes Grundstück),
- eventuell besondere Regelungen, wie Instandhaltungspflichten.
- Das Amt informiert die Beteiligten
Nach dem Grundbucheintrag erhalten die beteiligten Parteien einen Grundbuchauszug. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Wegerecht als rechtlich bindend und kann nicht ohne Weiteres widerrufen werden.
Kosten einer Eintragung
Die anfallenden Kosten setzen sich aus den Notargebühren und den Gebühren für das Grundbuchamt zusammen und richten sich in beiden Fällen nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Das GNotKG regelt alle Gebühren für Dienstleistungen, die in der Zuständigkeit von Gerichten und Notariaten liegen. Da das Grundbuchamt Teil der Justizverwaltung ist (oft beim Amtsgericht angesiedelt), gilt das GNotKG auch hier.
Die Gebühren orientieren sich dabei am Wert des Rechts, das eingetragen wird – in diesem Fall am Wert des Wegerechts. Dieser wird in der Regel auf 10 Prozent des Bodenwerts des belasteten Grundstücks geschätzt, es sei denn, es gibt abweichende Vereinbarungen. Die Gebühr selbst ergibt sich dann aus der Tabelle B des GNotKG .
Rechnen wir also beispielsweise bei einem Bodenwert von 100.000 Euro mit einem Geschäftswert von 10.000 Euro, entspräche das 75 Euro Gebühr nach GNotKG. Die Eintragung eines entsprechenden Wegerechts würde demnach 2x75 Euro = 150 Euro kosten (für Notariat und Grundbuchamt). Wenn der genaue Verlauf des Weges im Grundbuch eingetragen werden soll, können zusätzliche Kosten für eine Vermessung entstehen. Diese liegen je nach Aufwand zwischen 500 und 2.000 Euro.
Häufig trägt die Partei die Kosten, die das Wegerecht erhält.
Die Frage der Haftung beim Wegerecht
Bei einem Unfall auf dem Weg ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht entscheidend. Sie gewährleistet, dass der Weg in einem sicheren Zustand ist und keine Gefahren für andere entstehen. Wer haftet, hängt davon ab, was in der Vereinbarung über das Wegerecht geregelt wurde. Das kann sowohl die Eigentümerinnen und Eigentümer des dienenden Grundstücks als auch die Berechtigten betreffen:
- Häufig wird festgelegt, dass die berechtigte Person für die Pflege und Instandhaltung des Weges zuständig ist.
- Wenn keine klare Vereinbarung getroffen wurde, bleibt die Verkehrssicherungspflicht beim Eigentümer oder der Eigentümerin des dienenden Grundstücks.
- Die verantwortliche Person muss den Weg frei von Hindernissen halten, zum Beispiel Schnee räumen, Laub entfernen oder Schäden wie Schlaglöcher beheben.
- Vernachlässigt die Person diese Pflicht, haftet sie für Unfälle, die dadurch entstehen.
- In manchen Fällen teilen sich beide Parteien die Verantwortung. Das kann beispielsweise bedeuten, dass eine Person für grundlegende Reparaturen sorgt, während die andere den Weg regelmäßig reinigt und kontrolliert.
Unvorhersehbare Ereignisse
Schäden durch extreme Wetterereignisse, wie Starkregen oder Sturmschäden, können die Haftung beeinflussen. Wenn niemand die Gefahr rechtzeitig erkennen oder beseitigen konnte, entfällt möglicherweise die Haftung.
Unberechtigte Nutzung
Wenn eine Person den Weg nutzt, obwohl sie dazu nicht berechtigt ist (zum Beispiel Dritte ohne Erlaubnis), kann die Haftung ebenfalls eingeschränkt sein.
Typische Konflikte beim Wegerecht
Das Wegerecht spielt besonders in dicht besiedelten Gebieten und bei gewerblich genutzten Immobilien eine wichtige Rolle. Oft teilen sich mehrere Parteien einen begrenzten Raum. In solchen Gebieten prallen dann zum Teil sehr unterschiedliche Interessen aufeinander: Während private Eigentümerinnen und Eigentümer Ruhe und Privatsphäre für Ihre Immobilie wünschen, haben Unternehmen ein Interesse an einem effizienten Zugang für Transporte oder Kundschaft.
Beispiel: Ein Grundstück in einer Stadt wird als Lager für einen Gewerbebetrieb genutzt wird. Der Zugang erfolgt über ein Wegerecht, das auch Anwohnerinnen und Anwohnern der umliegenden Immobilien als Zufahrtsweg dient. Probleme können entstehen, wenn:
- LKWs den Weg durch ihre Größe blockieren;
- Lieferfahrzeuge den Weg stark beanspruchen, was zu Schäden wie Schlaglöchern oder Bodenabsenkungen führt, die die Anwohnerinnen und Anwohner nicht zahlen wollen;
- Lieferungen in den frühen Morgenstunden den Ruhebedürfnissen der Anwohnenden widersprechen.
Harmonische Nachbarschaft: Warum ein gut geregeltes Wegerecht für alle wichtig ist
Eine offizielle Durchgangserlaubnis ist nicht nur eine Formalität, sie ist die Grundlage für ein konfliktfreies Miteinander zwischen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern. Ob privat oder gewerblich – damit Wegerechte reibungslos funktionieren, sind genaue Vereinbarungen und eine Eintragung im Grundbuch unverzichtbar, besonders in komplexen Situationen. Wer die Rechte und Pflichten aller Beteiligten respektiert, vermeidet Streitigkeiten und trägt dazu bei, die Nachbarschaftsverhältnisse positiv zu gestalten.
Wir beraten Sie gern!
Die wichtigsten Fragen zum Wegerecht
Dies erfolgt durch einen Notar oder eine Notarin. Dazu ist eine Bewilligungserklärung der beteiligten Nachbarn und Nachbarinnen sowie ein Lageplan beim Grundbuchamt vorzulegen, aus dem der Verlauf des Wegerechts ersichtlich ist. Das Wegerecht wird dann als Grunddienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuchs des dienenden Grundstücks vermerkt.
Die Kosten richten sich nach dem Geschäftswert des Wegerechts, in Abhängigkeit vom Bodenwert des zu belastenden Grundstücks, und werden nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) berechnet.
Ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht bleibt auch bei einem Eigentümerwechsel des dienenden Grundstücks bestehen. Es ist an das Grundstück gebunden und geht automatisch auf den neuen Eigentümer oder die neue Eigentümerin über. Bei einer privaten Vereinbarung ohne Grundbucheintrag muss das Wegerecht mit den neuen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern neu vereinbart werden.
Als Eigentümerin oder Eigentümer des dienenden Grundstücks müssen Sie die im Wegerecht vereinbarte Nutzung dulden. Dies kann ein Gehrecht oder ein Fahrrecht umfassen. Berechtigte dürfen den Weg jedoch nur im vereinbarten Umfang nutzen und müssen dabei Rücksicht auf Ihr Eigentum nehmen. Unzumutbare Belastungen oder Schäden müssen Sie nicht hinnehmen.
Wenn Ihr Grundstück keinen direkten Zugang zu einer öffentlichen Straße hat, können Sie mit dem Eigentümer oder der Eigentümerin des Nachbargrundstücks ein Wegerecht vereinbaren. Dies sollte notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. In Fällen, in denen keine Einigung erzielt werden kann, besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein gesetzlicher Anspruch auf ein Notwegerecht gemäß § 917 BGB .
Die Haftung hängt von der Vereinbarung zwischen den Parteien ab. In der Regel sind Berechtigte für die Instandhaltung und Verkehrssicherung des Weges verantwortlich. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach und es entsteht ein Schaden, können sie haftbar gemacht werden.
Sie können es im Grundbuch des dienenden Grundstücks einsehen. Dazu müssen Sie ein berechtigtes Interesse nachweisen und können beim zuständigen Grundbuchamt einen Grundbuchauszug anfordern.
Das Recht erlischt, wenn der Zweck, für den es eingeräumt wurde, dauerhaft wegfällt, beispielsweise wenn das herrschende Grundstück einen eigenen Zugang zur öffentlichen Straße erhält. Die Parteien können das Wegerecht zudem einvernehmlich im Grundbuch löschen lassen.
Es wird zwischen dem Gehrecht, das nur das Begehen erlaubt, und dem Fahrrecht, das auch die Nutzung von Fahrzeugen einschließt, unterschieden. Zudem gibt es das Notwegerecht nach § 917 BGB .
Ein Wegerecht kann nicht ohne Weiteres verweigert werden, insbesondere wenn ein gesetzlicher Anspruch, wie beim Notwegerecht nach § 917 BGB , besteht. In solchen Fällen sind Sie verpflichtet, das Wegerecht zu gewähren, können jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen.
